Tagebuch Moldawien - Tag 2

Tagebuch Moldawien - Tag 2

Morgens wurden wir wieder von den leitenden Projektpartner abgeholt. Wir fuhren raus der Stadt, fort von den teilweise erdrückenden Blockhäuser in die karge Weite.

Nach etwa zwei Stunden Fahrt erreichten wir schliesslich das Kinderzentrum »Evrica« in Zberoaia. Wöchentlich kommen hier etwa 70 Kinder, um zu spielen, zu essen und Spass zu haben. Die beiden Kinderbetreuerinnen haben uns sehr herzlich empfangen und uns ein Gefühl des Willkommenseins vermittelt. Sie nahmen sich Zeit, uns durch das Zentrum zu führen. Es war sofort spürbar, wie viel Liebe in diesem Ort steckt. Unsere Blicke fielen auf die vielen schönen selbst gestalteten Dinge, die den Raum schmückten – bunte Zeichnungen an den Wänden, selbst gebastelte Vogelnester, Blumensträusse aus Papier, Kunstwerke aus Kaffeebohnen. Die Kinder und Erzieherinnen haben sich hier eine Welt voller Farben und Leben erschaffen.

Trotz der Wärme, die in den Räumen durch all die Liebe und Kreativität der Kinder spürbar war, konnte die Kälte nicht verdrängt werden. Die Räume waren kühl, und es wurde uns erneut bewusst, dass Heizen ein wahres Luxusgut ist. 
In den letzten zwei Jahren sind die Heizkosten im Land um das Sechsfache gestiegen – Kosten, welche für viele Familien, Institutionen und Zentren schon vorher kaum tragbar waren und jetzt erst recht unbezahlbar sind. Stattdessen wird mit Holzöfen geheizt, die zugleich als Kochstelle dienen.

Bevor die Kinder von der Schule in die Tagesstätte kamen, besuchten wir noch eine Familie im Dorf. Auf kleinstem Raum - in zwei Zimmer - leben 6 Personen: die Grossmutter, die Mutter, der Vater und ihre 3 Kinder. Die Atmosphäre war erdrückend. Es gibt wenig Fenster, die Decke ist niedrig und alles ist sehr eng. Fliessendes Wasser gibt es nicht. Dafür muss die Familie, wie auch die meisten anderen Menschen im Dorf, das Wasser aus einem Wasserbrunnen holen. Gekocht und geheizt wird auch hier mit einem Holzoffen. Wir wurden von der Mutter, der 89 Jähren Grossmutter und der 6-jährigen Tochter empfangen. Die fast erblindete Grossmutter und das Kind sassen auf einem der beiden Betten, worauf die gesamte Familie schläft.

Wir verteilten der Familie Socken und Schokolade. Die ältere Frau ertastete sich die Mitbringsel. Als sie spürte, dass es ein paar warme Socken sind, kullerten vor Freude Tränen. Die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht wurde, war überwältigend.

Unser Weg führte uns weiter zu einer jungen Familie. Die Frau ist 25 Jahre alt und erwartet ihr viertes Kind. Ihr Mann, 26, arbeitet stundenweise im Wald, um die Familie zu ernähren. Die Frau kümmert sich um die Kleinkinder zu Hause. Auch in ihrem Haus gibt es kein fliessendes Wasser, und wie so vielen anderen in diesem Dorf mangelt es ihnen an Vielem. Doch was sie gerade am dringendsten brauchen, ist ein Kinderwagen, um das kommende Kind sicher und bequem transportieren zu können.

Zurück in der Kindertagesstätte kamen auch schon die Kinder von der Schule zurück. Sie assen zusammen und unterhielten sich. Nachdem alle Bäuche voll waren, führten uns die Kinder eine Darbietung auf, die sie im Vorfeld einstudiert hatten: Sie tanzten, sangen und trugen Gedichte vor. 

Nach der Darbietung verteilen wir zusammen den Kindern die Socken mit einem «Schoggistängeli» dazu. Es war sehr herzerwärmend zu sehen, wie sich die Kinder über die Mitbringsel freuten. 

Kurz darauf brachten Sie uns ein selbstgebasteltes Körbchen mit einem Gugelhopf Küchlein drin. Ausserdem hängte an dem Körbchen zwei selbstgehäkelte Erdbeeren in den Farben Rot und Weiss. Die Farben stehen für viele schöne Dinge erklärten sie uns - Glück, Wärme, Frühling, Freundschaft...

Nach diesen vielen Eindrücken, machten wir uns zurück auf den Weg zu unserer Unterkunft. Obwohl die Menschen so gut wie nichts haben, erlebten wir den ganzen Tag über eine riesen Grosszügigkeit und Gastfreundschaft, die wir so noch nie erlebt haben.

Weiter zu "Tagebuch Moldawien - Tag 3" https://www.wildsocks.ch/blogs/news/tagebuch-moldawien-tag-3

Weitere Eindrücke:


Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar